Trassengegner wollen Gutachten in Auftrag geben - Podiumsdiskussion bei Bayreuther CSU Stromautobahn: Einfach nein sagen geht nicht

Von Moritz Kircher
Ralf Stöber, Bezirksvorsitzender Arbeitskreis Energiewende Oberfranken, stellte Alternativen zur umstrittenen Stromautobahn vor. Foto: Moritz Kircher Foto: red

Die Bayreuther CSU und zwei Bürgerinitiativen hatten am Donnerstagabend zur Podiumsdiskussion über die umstrittene Stromautobahn geladen. Interessante Feststellung von Ralf Stöber vom Arbeitskreis Energiewende Oberfranken: Auch mit der um 110 Kilometer nach Norden verlängerten Leitung bleibt der eingespeiste Energiemix weitgehend der gleiche - inklusive Kohlestrom. Die Trassengegner wollen jetzt ein Gutachten in Auftrag geben.

 
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Kerzen haben den Eingangsbereich zur Kaninchenzüchterhalle ausgeleuchet, wo über die Trasse diskutiert wurde. Vielleicht könnte die Alternative zur umstrittenen Stromautobahn so aussehen. Auf dem Podium traf man nur erklärte Gegner der Hochspannungs-Gleichstromleitung. Das letzte Atomkraftwerk in Bayern geht 2022 vom Netz. Die entstehende Lücke in der Energieversorgung muss gestopft werden. Aber Kerzen sind da wohl keine dauerhafte Lösung.

Die Hälfte des Strombedarfs deckt Bayern noch mit Kernenergie

Die gute Nachricht des Abends hatte Ralf Stöber beim Eröffnungsreferat im Gepäck. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Energiewende Oberfranken stellte fest, dass es Alternativen zur Hochspannungs-Gleichstromstrasse gibt. Den Gästen auf dem Podium, als prominenteste Vertreterin die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer (CSU), sagte er deutlich: "Die Haltung ,Ich will alles nicht', die zählt nicht."

Zunächst widmete er sich aber der Frage, warum die Stromtrasse als Instrument zum Schließen der Versorgungslücke in Bayern derzeit vom Bund und von den Übertragungsnetzbetreibern favorisiert wird. Derzeit decke Bayern knapp die Hälfte seines Strom- und insgesamt 23 Prozent seines Energiebedarfs aus der Kernenergie. "Das müssen wir bis 2022 ersetzen", sagte Stöber.

Rund um den Startpunkt der Trasse werden elf Gigawatt Kohlestrom erzeugt

Und warum mit einer Gleichstromtrasse? Weil die ostdeutschen Bundesländer künftig Strom im Überfluss produzieren. "Da muss man sich nur die Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur anschauen", sagte Stöber. Für Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Berlin ergebe sich eine Erzeugungskapazität von knapp elf Gigawatt Kohlestrom und rund vier Gigawatt Strom aus Gaskraftwerken. Hinzu kommt der rasante Ausbau der Windenergie in diesen Bundesländern. Eine Überkapazität, die der stromhungrige Süden gut gebrauchen kann.

Die Frage laute, so Stöber: "Wollen wir uns an die lange Leitung hängen oder wollen wir bei uns aufrüsten?" Aufrüsten heißt: Ein Mix aus erneuerbaren Energien und Gaskraftwerken mit hohem Wirkungsgrad durch gleichzeitige Erzeugung von Strom und Heizwärme (Kraft-Wärme-Kopplung). Durch den technischen Fortschritt von Windkraftanlagen sei diese Form der Energieerzeugung auch in Bayern mittlerweile effektiv einsetzbar. Energiespeicher für erneuerbare Energien stünden dank der Forschung an deutschen Hochschulen "kurz vor der Wirtschaftlichkeit".

Gutachten gegen die Trasse soll der Bundesnetzagentur vorgelegt werden

Vor dem Hintergrund des beschlossenen Atomausstieges drängt freilich die Zeit. Die Staatsregierung hat trotz Zeitdruck kürzlich einen angekündigten Bürgerdialog gestartet. Daniel Frieß, Verwaltungsdirektor am Landratsamt, war beim Auftakt in München dabei. Auf dem Podium drückte er seinen Unmut darüber aus, dass die Übertragungsnetzbetreiber just zum Start des Bürgerdialogs ihren neuen Netzentwicklungsplan vorstellten. Immer noch mit der umstrittenen Stromautobahn, wenn auch unter leicht geänderten Vorzeichen. "Als Erfolg betrachte ich das nicht", sagte Frieß, selbst erklärter Trassenkritiker.

Er kündigte an, dass die Trassengegner in der Region jetzt Nägel mit Köpfen machen wollen. "Wir haben wahrscheinlich nur eine Chance, wenn wir ein eigenes Gutachten in Auftrag geben", sagte er. "Das wird nicht ganz billig." Bisher habe man die Hoffnung gehegt, dass der Freistaat da in die Bresche springe. Nun wollen sich die hiesigen Initiativen damit auf eigene Faust ins Konsultationsverfahren bei der Bundesnetzagentur einbringen.

Etwa 100 Besucher waren zur Podiumsdiskussion gekommen. Zwar gab es zahlreiche Nachfragen aus dem Publikum, die teils tief in technische Details gingen. Eine wirkliche Diskussion entsponn sich daraus aber nicht. Einen Befürworter der Stromautobahn suchte man auf dem Podium vergebens. In ihrer Ablehnung der Trasse waren sich Andi Enders, Anke Gräbner, Fritjof Heller (Sprecher von Bürgerinitiativen), Matthias Unger vom CSU-Orstverband Bayreuth-Ost und der zweite Bayreuther Bürgermeister Thomas Ebersberger (CSU) einig.

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