Gespielt wird: "Shakespeares sämtliche Werke ... leicht gekürzt" Schlossfestspiele Thurnau: 37 Shakespeare-Dramen in 90 Minuten

Von

Romeo und Julia. Ein Sommernachtstraum. Aber König Johann? Die zweiten Thurnauer Schlossfestspiele widmen sich in einer irrwitzigen Parodie Shakespeares sämtlichen Werken – leicht gekürzt. Denn schließlich kennen die meisten von uns höchstens zwei der vielen Dramen des literarischen Genies.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Eine wilde Achterbahnfahrt. So beschreibt Wolfgang Krebs, künstlerischer Leiter des Schlosstheaters, die britische Komödie von Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield. Doch das ist noch furchtbar untertrieben! Seine drei Darsteller Holger Zessner, Christian Johannsen und Nico Jilka führen einen rasant-verrückten Reigen sondergleichen auf. Zwischen den schnell wechselnden Nummern bleibt den Schauspielern kaum Luft zum Atmen. Entsprechend erschöpft wirken sie am Ende der gut 90 Minuten Spieldauer.

Kalauer und flapsige Sprüche

In diese quetschen sie 37 Dramen von Shakespeare, den sie flapsig „Willi“ nennen. In den rund 400 Jahre alten Dramen sind 1854 Rollen verzeichnet. Das Trio, den Thurnauer Theatergängern bestens aus der Komödie „Butterbrot“ bekannt, muss also einiges schultern. Und es geht nicht besonders respektvoll mit dem großen Dramatiker um. Mit derben Kalauern, gern unter der Gürtellinie, stürzen sie ihn vom Thron der englischen Literatur. Echten Shakespeare Liebhabern dreht sich da der Magen um. So ist das Stück eher etwas für jene, die mit Klassikern so ihre Probleme haben.

Schrecklichste Julia aller Zeiten

Männer treten in Frauenrollen auf – und sind dabei schrecklich anzusehen, wie Holger Zessner als Julia mit greller Blondinenperücke und aberwitzigem Vorbau im engen Kleid. Das ist wahrlich die schrecklichste Julia aller Zeiten! Aus „Titus Andronicus“ wird eine moderne TV-Kochshow, in der Menschenkopfpastete zubereitet wird.  „Othello“, der Mohr von Venedig, wird gnadenlos klischeehaft überzeichnet: Zessner zieht sich einen schwarzen Nylonstrumpf über den Kopf und trägt wulstige Lippen zur Schau. Das Schottendrama „Macbeth“ wird in drei Dialekten dargeboten: fränkisch, schwäbisch und oberbayerisch. Den verweichlichten „Julius Cäsar“ bewerfen sie mit Wattebäuschen. Und die Königsdramen werden zusammengerafft als Fußballspiel, das sich um den Kampf um die Krone dreht. Und überhaupt, erzählen uns die Schauspieler, hätte Shakespeare ruhig aus allen 16 Komödien eine einzige machen können.

Drastisches Schauspiel ohne Subtext

Dann hätten sie beinahe die berühmteste Tragödie vergessen, die um den dänischen Prinzen Hamlet. Weil das Werk so groß ist, ist der Hauptdarsteller völlig blockiert – und reduziert den berühmten  Monolog „Sein oder Nichtsein“ auf das Allernötigste. Wer drastische Schauspiele ohne Subtext mag und sich einfach nur unterhalten lassen will, dem wird dieses Stück der Schlossfestspiele gefallen, bei dem am Ende sogar das Publikum mitspielen darf. Wer etwas Tiefgründiges mit Nachhall erwartet, den wird dieses Stück in Slapstick-Manier wohl eher abschrecken.

Termine: 6.,7.,13. und 14. August, Beginn 20 Uhr, am 9. August, 19 Uhr. Karten per Mail unter info@schlosstheater-thurnau.de, Theatertelefon: 0 92 03/9 73 86 80

Autor

Bilder