Krisensitzung des Aufsichtsrates wird nächste Woche fortgesetzt Klinikum: Muss Ranftl gehen?

Von Frank Schmälzle
Steht in der Kritik: Klinikum-Geschäftsführer Roland Ranftl. Foto: Archiv Foto: red

Die Mitteilungen des Klinikums und der Stadt gleichen sich bis aufs Komma. Und sie bieten nur eine einzige neue Information: Es geht weiter. Nächste Woche am Dienstag wird der Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH wieder zusammentreten. Wieder eine Krisensitzung abhalten. Wieder über die schweren Vorwürfe gegen die Klinikleitung beraten. Dass es personelle Konsequenzen geben könnte, will derzeit niemand bestätigen.

 
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Fast acht Stunden lang haben  Chefärzte, Geschäftsführung und Aufsichtsräte am Mittwochabend über die Kritik am Management des Bayreuther Krankenhaus der maximalen Versorgungsstufe diskutiert. Über die Vorwürfe berichtet der Kurier seit geraumer Zeit, in dieser Woche hat sie das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ veröffentlicht. Offizielle Anfragen nach der stundenlangen Krisensitzung des Aufsichtsrates werden abgebügelt, man habe eine schriftliche Erklärung abgegeben. Klinikum-Kenner schweigen sich über die Inhalte der Sitzung, die erst gegen Mitternacht endete, aus. Zu heiß. Ein deutliches Indiz dafür, dass sich die Krise am Klinikum zuspitzt.

Binner und Ranftl: Zwei Geschäftsführer, viele Parallelen

Für Michael Hohl wiederholt sich in diesen Tagen die Geschichte. Als er im Frühjahr 2006 neuer Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth wurde, war es eine seiner ersten Aufgaben, den damaligen Geschäftsführer des Klinikums, Johannes Binner, aus dem Amt zu entfernen. Ob es Parallelen zwischen dem Fall Binner und der jetzigen Situation gibt? Ja, sagt Hohl. „Die Lage erscheint mir sehr ähnlich.“ Binner habe ein ordentliches wirtschaftliches Ergebnis vorgelegt. Doch die Stimmung war schlecht. Ranftl schreibt mit der Klinikum Bayreuth GmbH schwarze Zahlen, das können nach Angaben der Bayerischen Krankenhausgesellschaft 52 Prozent der Kliniken im Freistaat nicht von sich behaupten. Doch die Stimmung ist schlecht. Woran das liegt? Das will Hohl, zweieinhalb Jahre nachdem er aus dem Amt des Oberbürgermeisters ausgeschieden ist, nicht abschließend beurteilen. Aber er sagt: „Wahrscheinlich wird zu wenig miteinander geredet.“

Es waren Michael Hohl in seiner Zeit als Bayreuther Oberbürgermeister und Landrat Hermann Hübner, die den Vertrag des Klinikum-Geschäftsführers Ranftl um fünf Jahre verlängerten. Auch damals schon gab es Probleme, sagt Hohl. Die Überlastung der Mitarbeiter und der finanzielle Druck – Schwierigkeiten, mit denen alle Krankenhäuser zu kämpfen hatten und haben. „Wir haben über 200 Pflegekräfte am Klinikum neu eingestellt und die Servicegesellschaft, in der Mitarbeiter für die gleiche Arbeit wie ihre Klinikumskollegen weniger Geld verdienten, abgeschafft.“ Um den inneren Frieden wieder herzustellen. „Aber das ist offenbar nicht eingetreten.“

Ranftl ablösen? Erst einmal genau nachdenken

Ob Ranftl Schuld daran hat? „Ich hatte nicht das Gefühl, dass er seinen Job schlecht macht“, sagt Hohl. Er habe Ranftl als engagierten Geschäftsführer erlebt, der sich mit dem Unternehmen identifiziert habe. Wenn er nun nicht mehr zu halten sein sollte, täte ihm das persönlich leid, sagt Hohl. Aber er sagt auch: Das Klinikum müsse nun handeln, wie es jedes andere Unternehmen in einer solchen Situation täte. In Klausur gehen und eine gemeinsame Position finden, wie wieder Ruhe ins Haus kommt. „Wenn dann am Ende der Schritt steht, dass man sich von dem Geschäftsführer trennen muss, dann muss das eben sein.“

Zahlen, sagt der angesehene Bayreuther Gesundheitsökonom Prof. Peter Oberender, sind nicht alles. „Ranftls Problem ist, dass er primär auf das wirtschaftliche Ergebnis schaut.“ Und die Mitarbeiter im Klinikum zu wenig einbindet. Gute Klinikgeschäftsführer verstünden es, die ohnehin schon hohe Motivation ihrer Beschäftigten weiter zu fördern und damit dem erheblichen Kostendruck, der auf den Krankenhäusern lastet, zu begegnen.  Oberender fordert eine grundlegende Änderung im deutschen Krankenhauswesen: Weg von den Fallpauschalen, die nahe legen, gut honorierte Leistungen wie künstliche Beatmungen ausgiebig zu betreiben. Hin zu direkten Abrechnungsverträgen zwischen Krankenkassen und Kliniken. Dann, sagt Oberender, lässt sich Klasse statt Masse honorieren. Dann spielt die Qualität der medizinischen Betreuung endlich eine Rolle.

Gesundheitsministerium fordert Aufklärung

Dass auf einer Intensivstation im Klinikum Patienten länger als medizinisch notwendig künstlich beatmet würden, um dem Klinikum zusätzliche Einnahmen zu bringen, ist einer der Vorwürfe, die gegen die Klinikleitung erhoben werden. Am Mittwoch hatten Beamte der Bayreuther Kriminalpolizei zudem Behandlungsakten der Abteilung für Geburtshilfe sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft geht derzeit einer anonymen Anzeige nach, in der von Behandlungsfehlern und schwerem Organisationsverschulden in der Geburtshilfe die Rede ist. Der Vorwurf steht im Raum, dass in den Jahren 2008 bis 2011 vier Kinder bei der Geburt schwere Schäden davon getragen hätten. Ein weiteres sei gestorben. Die Beschäftigten mehrerer Abteilungen hatten wegen unzumutbarer Arbeitsbelastung und ihrer Sorge vor daraus entstehenden Behandlungsfehlern Alarm bei der Klinikleitung geschlagen. Geschäftsführer Ranftl sorgte auch mit Pannen bei der Besetzung von Chefarztposten für Irritationen.

Am kommenden Dienstag wird der Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH seine außerordentliche Sitzung fortsetzen.

Inzwischen interessiert sich auch das Gesundheitsministerium für die Vorgänge am Klinikum. Das Münchner Ministerium hat vom Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH Aufklärung der Vorwürfe verlangt.

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