Ein Gespräch über eine schwierige Beziehung Ex-Kultusminister Maier: "Franken wurde erobert"

Von Michael Weiser
Hans Maier, langjähriger bayerischer Kultusminister, spricht in Bayreuth. Foto: dpa Foto: red

"Bayern in Franken - geht das?" Fragt Hans Maier und gibt am 2. Juli im neuen Iwalewahaus selbst eine Antwort. Der ehemalige Kultusminister eröffnet mit seinem Vortrag die neue  Veranstaltungsreihe "Stadtgespräche", mit der sich die Uni stärker in der Stadt präsentieren möchte.

 
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Bayern und Franken - das hält so mancher Franke für eine Unmöglichkeit. Was entgegen Sie darauf?
Hans Maier: Sie sollten zusammen sein und zusammen bleiben, meine ich. Seit über zweihundert Jahren hat es mit dem Zusammenleben funktioniert, auch wenn der Anfang schwierig war und vor allem in Unterfranken noch lange für die Befreiung von den Bayern gebetet wurde. Franken kam nicht freiwillig zu Bayern. Es wurde erobert. Aber dann entdeckte es, dass die neue Verbindung auch Vorteile mit sich brachte. Am Ende wollte auch die alte Markgrafschaft nicht mehr nach Preußen zurück.

Wer hat mehr profitiert?
Maier: Eindeutig Bayern. Es wuchs durch Franken (und durch Schwaben!) in eine gesamtdeutsche Verantwortung hinein, nachdem es vorher vorwiegend auf sich selbst bezogen war und sich vom Norden, auch vom Westen und Osten, eher abgrenzte. So nahm es im 19. Jahrhundert intensiv am  Ringen um die Form  des entstehenden Nationalstaats teil - als ein Stück "Drittes Deutschland" (Franz Schnabel) neben den Großmächten Preußen und Österreich.

Wäre das moderne Bayern ohne Franken denkbar?
Maier: Natürlich nicht. Mit Franken hatte Bayern im 19. Jahrhundert  nicht nur ein großes Stück altes, "altfränkisches" Deutschland geerbt (man denke an Nürnberg, Bamberg, Würzburg, an die unzähligen nach 1806 herrenlos gewordenen Schlösser, Rathäuser, Residenzen, Burgen!) - dieser territoriale  Zuwachs erwies sich auch als unerwartet innovativ und lebenskräftig. Die Industrialisierung (Neu)Bayerns ging von Franken aus. Die erste deutsche Eisenbahn verkehrte zwischen Nürnberg und Fürth. Neben den neuen Bahnlinien siedelten sich die Fabriken an. Der Ludwigskanal wurde gebaut. In Nürnberg, Ansbach, Würzburg und anderswo entstanden erfolgreiche, rasch berühmte Unternehmen. Bayern im ganzen modernisierte sich im 19. Jahrhundert - und Franken ging dabei voran.

Wie stark kann eine Uni auf eine Stadt wie Bayreuth einwirken?
Maier: Es ist immer gut, wenn eine Stadt von ihrer Universität Notiz nimmt - und diese von ihrer Stadt. Da müssen beide aus ihren Gehäusen herauskommen und nach gemeinsam interessierenden Themen suchen. Franken, das heutige Franken, ist ein solches Thema, das die Wissenschaftler ebenso wie die Bürger interessiert - und ich freue mich sehr, dass ich  es als Ouvertüre bei den Sommergesprächen  intonieren darf.

Wie steht's um die Zusammenarbeit?
Maier: Ich denke schon, dass sie zusammenarbeiten - aber es könnte und sollte wohl noch intensiver werden. Packen wir's an!

Zur Person
Der gebürtige Freiburger Hans Maier (83) machte sich einen Namen als langjähriger bayerischer Kultus- und Wissenschaftsminister. Nach seinem Abitur 1951 studierte er Geschichte, Romanistik, Germanistik und Philosophie in Freiburg und München. Als Professor lehrte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München politische Wissenschaft. 1966 schlug Maier die politische Laufbahn ein, Minister war er von 1970 bis 1986. In seiner Amtszeit wurde die Uni in Bayreuth eröffnet. Maier war Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Präsident der Kultusministerkonferenz. Er ist Mitglied in der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung sowie in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Maier gilt als streitbarer Geist, der auch Konflikten mit Franz Josef Strauß und Regensburgs Bischof Gerhard Ludwig Müller nicht aus dem Weg ging.

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