Damit haben sich Brain und die Telekom, die in den USA mit ihrer Tochter T-Mobile stark vertreten ist und dort die Schwergewichte AT&T und Verizon herausfordert, viel vorgenommen. Denn auf Apples iPhone und Telefonen großer Hersteller mit dem Google-System Android spielen Apps immer noch die Hauptrolle, auch wenn Nutzer mit Hilfe von Widgets die Oberfläche zum Teil selbst gestalten können. Der iPhone-Konzern bietet zudem für seine Computer-Uhr Apple Watch ein Zifferblatt an, auf dem Software-Algorithmen die gerade passenden Informationen anzeigen sollen.
Auf die Frage nach dem Marktstart geben sich Telekom-Verantwortliche zurückhaltend. Aber selbst wenn es am Ende nichts wird mit einem fertigen Produkt, so könnte das Projekt der Telekom das Ende der App-Ära einleiten. Ein Branchenvertreter, dessen Unternehmen im Wettbewerb mit der Telekom steht und seinen Namen nicht veröffentlicht haben will, sagt, dass das Vorhaben Potenzial habe. "Das werden wir im Blick behalten."
Ben Woods vom Beratungsunternehmen CCS Insight sieht einen starken Trend hin zur Künstlichen Intelligenz in der Mobilfunkbranche. Das KI-Phone der Telekom sei hierbei ein interessantes Beispiel, wie die Zukunft aussehen könnte. Dass das Smartphone nun als fassbarer Prototyp in der Öffentlichkeit vorgestellt worden sei, sei ein bemerkenswerter Schritt, zumal ausgerechnet ein Netzbetreiber das tue.
Gelingt die Markteinführung?
Die Telekom sei offenbar fest davon überzeugt, sich mit so einem Produkt von der Konkurrenz unterscheiden zu können, sagt der Branchenfachmann. Bezüglich einer Markteinführung sei er derzeit aber skeptisch. Woods sieht zudem "das Risiko eines Hypes", der sich von der Realität absetze, und merkt an, dass Netzbetreiber bei Hardware bisher nicht allzu erfolgreich gewesen seien.
Die Telekom betont, dass es ihr um die Kundenbindung gehe - dass also Kunden treu bleiben oder zu Magenta wechseln, weil das Gerät neue Möglichkeiten biete. Annette Zimmermann vom Beratungsunternehmen Gartner rechnet damit, dass die Branche künftig noch mehr Geräte dieser Art herausbringen werde.
Und wie reagiert die Konkurrenz auf den Telekom-Prototypen, der perspektivisch den Abschied von Apps einleiten könnte? Vodafone macht deutlich, dass es Apps auch künftig für wichtig halte. Marcel de Groot, der für Privatkunden zuständige Geschäftsführer Privatkunden, sagt, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Bedienung von Smartphones auf lange Sicht zwar revolutionieren könne. Jede nachhaltige Veränderung brauche aber Zeit. "Wir glauben, dass Smartphone-Hersteller und App-Anbieter ihre Services und Anwendungen zunächst so anpassen werden, dass der Datenaustausch mit anderen Apps und Betriebssystemen über KI-Funktionen leichter und besser funktioniert."