Prozess hinter verschlossenen Türen
Viele Fragen des Falls werden für die Öffentlichkeit wohl nie beantwortet. Da der Angeklagte jugendlich ist, schreibt das Gesetz eine Verhandlung hinter verschlossenen Türen vor. In Jugendverfahren steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Bei Mord beträgt das Höchstmaß der Jugendstrafe zehn Jahre. Sicherungsverwahrung ist unter engen Voraussetzungen möglich. Die drei Verteidiger des 14-Jährigen werden das wohl zu verhindern versuchen.
Was über die Tat bekannt ist
Freitag, 8. September 2023, gegen 16.30 Uhr: Ein 15-Jähriger informiert die Polizei, dass ein Freund von ihm auf dem Gelände des Schulzentrums einen Jugendlichen getötet habe - der mutmaßliche Täter habe es ihm selbst erzählt. Eine Polizeistreife trifft als Erstes am Tatort ein und entdeckt in einem dichten Gebüsch den Jungen. Der alarmierte Notarzt kann ihm aber nicht mehr helfen. "Bereits frühzeitig richtete sich ein erster Tatverdacht gegen einen Jugendlichen aus dem Landkreis Main-Spessart", teilen die Ermittler damals mit. Gegen 18.00 Uhr wird der 14-Jährige vorläufig festgenommen. Zwischen 15.00 und 16.00 Uhr soll er das Opfer getötet haben.
Samstag, 9. September 2023: Ein Ermittlungsrichter ordnet Untersuchungshaft für den mutmaßlichen Täter an. Mordverdacht. Das Opfer wird obduziert - ein einziger Schuss von hinten in den Kopf war todesursächlich. Die Tatwaffe, eine Neun-Millimeter-Pistole des Typs Ceska CZ 75, wird am selben Tag in der Wohnung des Verdächtigen sichergestellt. Zahlreiche Einsatzkräfte und Hunde suchen das Schulgelände ab.
Montag, 11. September 2023: Anhand der Individualnummer der Pistole kann ein 66-Jähriger aus Lohr als Eigentümer der Waffe identifiziert werden. Laut Polizei besaß der Sportschütze die Pistole legal. Der Mann und der Angeklagte wohnten im selben Mehrfamilienhaus. Wie der Jugendliche aber an die Waffe kam, ist öffentlich bisher nicht bekannt. Der 66-Jährige war zur Tatzeit im Krankenhaus, wo er wenige Wochen nach dem Verbrechen verstarb - bis zu seinem Tod konnte er nicht mehr befragt werden.
Informationen aus dem Gerichtssaal
Im Prozess geht es nun darum, die Hintergründe aufzuklären. Auch wenn die Verhandlung nicht öffentlich ist, heißt das nicht, dass alle Vorgänge im Gerichtssaal C17 geheim sind. Eine Landgerichtssprecherin will die Öffentlichkeit über Ausgewähltes informieren.
Dies könne helfen, "Gerüchten und Falschinformationen Einhalt zu gebieten", sagt der Stadtpfarrer von Lohr, Sven Johannsen, der Deutschen Presse-Agentur. "Es muss nicht jede Neugierde befriedigt werden. Manches geht uns auch gar nichts an, so zum Beispiel die Frage nach dem Verhältnis zwischen Opfer und Täter." Aber einige Informationen etwa zur Tatzeit und der Herkunft der Waffe halte er für durchaus hilfreich, "damit die Tat nicht von Menschen zu fantasiereich ausgeschmückt wird, die eigentlich gar nichts wissen können".