Glück hatten die Bayern vor den beiden Gegentreffern gehabt, als das vermeintliche Ausgleichstor vor über 76.000 Zuschauern in der 72. Minute nach Videobeweis richtigerweise aberkannt wurde. Reals Kapitän Nacho hatte zuvor Joshua Kimmich mit beiden Händen ins Gesicht gefasst und den Bayern-Profi zu Fall gebracht.
Elektrisierende Stimmung vor dem Anpfiff
Im für viel Geld umgebauten Estadio Santiago Bernabéu, in dem auch Bayerns Ex-Vorstandsboss Oliver Kahn mit einem Becher Bier Platz genommen hatte, war schon vor dem Anpfiff eine knisternde Atmosphäre zu spüren. "Ich fühle mich sehr lebendig. Das sind die Momente und Tage, für die man träumt", sagte Tuchel kurz vor der Partie lächelnd bei DAZN: "Perfekter Tag, perfekter Rahmen, schwieriger geht's nicht. Deshalb sind wir gefordert."
Trotz der beeindruckenden Kulisse und der enormen Bedeutung des Highlight-Spiels stellte Tuchel Youngster Aleksandar Pavlovic anstelle des erfahrenen Leon Goretzka im zentralen Mittelfeld auf. Der 20-Jährige zeigte zunächst kein Lampenfieber und leitete die erste Bayern-Chance ein, bei der Gnabry im Strafraum aber zu ungenau auf Harry Kane passte (8.).
Gnabry hatte vor Thomas Müller den Vorzug erhalten, doch nach nicht einmal einer halben Stunde musste der Nationalspieler wie schon im Viertelfinal-Hinspiel gegen den FC Arsenal vorzeitig verletzt raus. Aber nicht Müller kam ins Spiel, sondern der schnellere Davies besetzte die linke Offensivbahn.
Die Gastgeber um den ballsicheren Toni Kroos hatten ein spielerisches Übergewicht. In der 13. Minute musste Neuer zweimal seine ganze Klasse zeigen, um einen frühen Rückstand der Münchner zu verhindern: Einen Schuss von Vinícius Júnior, dem Doppeltorschützen aus dem Hinspiel, lenkte der Nationalkeeper mit den Fingerspitzen an den Pfosten. Auch den Nachschuss von Rodrygo parierte Neuer. Fünf Minuten vor der Halbzeit rettete Neuer mit einer weiteren Großtat erneut gegen Vinícius.
Real präsenter
Auch wenn die Münchner zu sporadischen Chancen wie der von Kane nach einer schönen Volley-Direktabnahme (28.) kamen, wirkte Madrid deutlich präsenter und zielstrebiger.
Auch in den zweiten Durchgang startete der spanische Meister mit mehr Schwung und Power. Vor allem Vinícius lief heiß, der Brasilianer sorgte mit seinem Tempo und seinen Dribblings über Reals linke Angriffsseite für viel Gefahr - so wie bei seiner Vorarbeit zur Großchance von Rodrygo (55.). Nach einer Stunde prüfte Vinícius erneut Neuer - und wieder war der deutsche Torhüter der Sieger.
In die Drangphase der Hausherren sorgte Davies überraschend für die Münchner Führung. Unmittelbar danach wurde Kroos, der sein 20. Halbfinalspiel in der Königsklasse bestritt, für Luka Modric ausgewechselt. Nach dem zurückgenommenen Ausgleich erhöhte Real nochmal den Druck, die Bayern verteidigten in den Schlussminuten mit einer Fünferkette. Doch gegen Joselu fanden sie kein Mittel.