Archäologie 6000 Jahre alte Totenhütten bei Nauendorf entdeckt

Markus Brauer/
In den beiden Totenhütten wurden die 6000 Jahre alten Skelette von Verstorbenen ausgegraben. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Die Fläche der künftigen Stromtrasse SuedOstLink in Sachsen-Anhalt ist reich an archäologischen Funden. Jetzt sind die Archäologen dort auf zwei steinzeitliche Grabanlagen gestoßen, die vor 6000 Jahren errichtet wurden.

 
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Archäologen haben bei Nauendorf im nördlichen Saalekreis zwei rund 6000 Jahre alte überhügelte Totenhütten entdeckt. Die Hügelgräber gehören zur Baalberger Kultur - benannt nach dem Erstfund in Baalberge bei Bernburg im Salzlandkreis.

Überhügelte Grabstätten

„Typisch ist der trapezförmige Grundriss der beiden Totenhäuser: Das kleinere Exemplar ist gerade einmal 10,5 Meter lang und 8,75 Meter breit“, sagt Archäologin Melanie Weber-Walpuski vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.

In der kleinen Hütte, angezeigt durch den trapezförmigen Fundamentgraben, wurde nur ein einzelner Toter bestattet. Der Mensch wurde in hockender Stellung und auf der rechten Seite liegend gefunden. Die Arme waren vor dem Oberkörper verschränkt. Ein keramisches Gefäß lag am Fußende.

Die Fläche des kleineren Totenhauses beträgt 10,5 mal 8,75 Meter. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Auf dem Feld bei Nauendorf arbeitet Melanie Weber-Walpuski, Archäologin vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, an einem Skelett. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Auf der Fläche der künftigen Stromtrasse SuedOstLink graben die Archäologen dem Stromtrassenverlauf folgend auf einem schmalen Einschnitt von 18,5 Metern. Die Arbeiten laufen im Vorfeld des Netzausbaus der Gleichstromtrasse.

Nur 500 Meter entfernt wurde eine trapezförmige Totenhütte aus der gleichen Zeit gefunden. „Wenn sich bereits auf diesem kleinen Einschnitt zwei Hütten befinden, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass wir bei Nauendorf noch mit weiteren überhügelten Grabstätten des Mittelneolithikums rechnen dürfen und eine Sakral-Landschaft angetroffen haben“, erklärt Archäologin und Projektleiterin Susanne Friederich.

Landschaft erstmals bewusst gestaltet

Die Grabhügel konnten früher von Weitem gesehen werden. Sie waren ein wichtiger Bestandteil der damals von den Menschen geschaffenen Kulturlandschaft. In der Zeit der Baalberger Kultur vor 6000 Jahren wurde die Landschaft erstmals ganz bewusst gestaltet. Es entstanden Sichtachsen, die auf hervorgehobene Geländemarken wie Menhire (Hinkelsteine) oder eben Grabhügel hinführten.

Der Verstorbene wurde in hockender Stellung und auf der rechten Seite liegend gefunden. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Der Körper liegt in einem trapezförmigen Grundriss eines früheren Totenhauses bestattet. Foto: dpa/Hendrik Schmidt
Zwei dieser rund 6000 Jahre alten überhügelten Totenhütten haben die Archäologen hier gefunden. Die Hügelgräber gehören zur Baalberger Kultur. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Die Menschen identifizierten sich nicht nur mit ihrer Kulturlandschaft und den geschaffenen heiligen Hainen, sondern bezogen die verstorbenen Mitglieder ihrer Gemeinschaft mit den Hügeln in ihr Leben ein. Es war ihnen sehr wichtig, die Verbundenheit mit ihren Ahnen auszudrücken.

Heilige Haine für Verstorbene

Jene Tradition wurde auch über Kulturgrenzen hinweg an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. Zwar kannten sich die Menschen nicht mehr, doch die heiligen Haine wurden häufig über viele Jahrhunderte, manchmal sogar über ein bis zwei Jahrtausende hinweg aufgesucht.

Der rund 150 Kilometer lange Teilabschnitt der künftigen Stromtrasse durch Sachsen-Anhalt soll noch bis 2025 archäologisch untersucht werden. Die gesamte Trasse ist rund 540 Kilometer lang und reicht von Wolmirstedt bei Magdeburg bis zum Standort Isar bei Landshut in Bayern.

Info: Baalberger Kultur

Steinzeit
Die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte ist durch den Gebrauch von Steinwerkzeugen gekennzeichnet, die bereits von frühen Vertretern der Gattung „Homo“, dem „Homo habilis“ und „Homo erectus“ hergestellt wurden. Die Steinzeit begann vor 2,6 Millionen Jahren in Afrika und in Europa vor 1,1 Millionen Jahren und endete vor 2200 v. Chr.. Die Steinzeit wird in drei große Perioden unterteilt:

Altsteinzeit
Die Altsteinzeit (Paläolithikum) beginnt mit dem Altpaläolithikum (vor 2,6 Millionen bis 300 000 Jahren), gefolgt vom Mittelpaläolithikum (vor 300 000 bis 40 000 Jahren) und endet mit dem Jungpaläolithikum (vor 40 000 bis 10 000 Jahren). Die Menschen waren Jäger und Sammler, zusammengesetzte Jagdwaffen aus Holz und Stein und das Feuer waren ihnen bekannt.

Mittel- und Jungsteinzeit
Mit dem Ende der Eiszeit beginnt in Europa die Mittelsteinzeit (Mesolithikum, 9600-4500 v. Chr.). Der Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zu Ackerbau und Viehzucht markiert den Beginn der Jungsteinzeit (Neolithikum, deshalb auch Neolithische Revolution genannt). In Mitteleuropa beginnt sie um 5600 bis 4900 v. Chr. und endet um rund 2150 v. Chr..

Baalberger Kultur
Die Baalberger Kultur war eine frühe jungneolithische Kultur um etwa 4200 bis 2800 v. Chr. mit Fundstätten in Mitteldeutschland und Böhmen. Benannt wurde sie nach dem Erstfund im Schneiderberg bei Bernburg (Salzlandkreis) in Sachsen-Anhalt. Sie wird zu den Trichterbecher-Kulturen gerechnet und ist in Deutschland deren fundreichste Erscheinung.Im nördlichen Mitteleuropa, im mittleren Osteuropa, in Dänemark und in Südskandinavien ist die Trichterbecher-Kultur die erste vom Ackerbau geprägte bäuerliche Kultur des nordischen Frühneolithikums. Sie folgt im Norden der mesolithischen Ertebølle-Kultur (5100 bis 4100 v. Chr).

Kupfer- und Bronzezeit
Das Ende der Steinzeit wird eingeläutet durch den in Ägypten, Südosteuropa und Vorderasien aufkommenden Kupferbergbau und die ersten Techniken der Metallurgi – Kupferzeit. Der bekannteste Mensch der Kupferzeit ist der als Kältemumie erhaltene Ötzi (um 3300 v. Chr.). Mit der Bronzezeit, in der Metallgegenstände vornehmlich aus Bronze (einer Legierung von Kupfer und Zinn) hergestellt werden, endet endgültig die Steinzeit.

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