Auch in Polen gab es Durchsuchungen in Zusammenhang mit der Enttarnung eines prorussischen Netzwerks. Wie der Inlandsgeheimdienst ABW am Donnerstag mitteilte, wurden bei der Aktion am Vortag in Warschau und der schlesischen Stadt Tychy 48.500 Euro und 36.000 Dollar (33.303 Euro) sichergestellt. Es gehe um Aktivitäten zur Organisation prorussischer Initiativen und Medienkampagnen in EU-Ländern. Zweck dieser Kampagne war es demnach, die außenpolitischen Ziele des Kremls umzusetzen.
Oligarch Medwedtschuk gilt als Vertrauter von Putin
Von den tschechischen Sanktionen betroffen ist unter anderem der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt. Die Zeitung "Denik N" berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, über das Einfluss-Netzwerk seien bei Besuchen in Prag auch Gelder in bar an Politiker aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den Niederlanden und Ungarn gezahlt worden. Das Europäische Parlament kündigte auf dpa-Anfrage an, die Ergebnisse der tschechischen Behörden zu prüfen.
Zu Zahlungen an deutsche Politiker äußerte sich das Bundesinnenministerium nicht. Die Sprecherin bestätigte nur, dass länderübergreifende Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden "eine russische Einflussoperation gegen das Europäische Parlament aufgedeckt" habe. Das Netzwerk um den ebenfalls mit tschechischen Sanktionen belegten ukrainischen Staatsangehörigen Artjom Machewskyj übe "im Auftrag Russlands illegitimen Einfluss auf das Europäische Parlament aus. Dazu benutzt es Politikerinnen und Politiker aus mehreren europäischen Ländern und stellt erhebliche Geldmittel zur Verfügung."
Interviews mit AfD-Politikern
Das Portal hatte unter anderem Interviews mit den AfD-Politikern Maximilian Krah und Petr Bystron verbreitet, die Platz eins und zwei auf der AfD-Liste zur Europawahl einnehmen. Faeser sagte dazu: "Dass selbst führende AfD-Politiker immer wieder auf dem Desinformationsportal auftauchten, zeigt: Die Putin-Freunde der AfD lassen sich hier immer wieder einspannen und zum Teil des russischen Propaganda-Apparats machen."
Krah teilte dem "Spiegel" mit, er habe "Voice of Europe" zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag. "Geld habe ich dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich, noch für die Partei." Auch das Hotel habe er selbst bezahlt. Medwedtschuk und Machewskyj kenne er aus unterschiedlichen Kontexten, erklärte Krah laut "Spiegel" weiter. Auch von ihnen habe er "nie Geld oder geldwerte Leistungen angenommen".
Krahs Büroleiter Jörg Sobolewski bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Aussagen, dass Krah kein Geld für die Interviews bekommen habe. Bei Interviewanfragen behandele man alle Medien gleich: Die Gespräche würden gemacht, sofern Zeit dafür sei, unabhängig von der politischen Ausrichtung des Mediums. Sobolewski bestätigte auch, dass Krah und Medwedtschuk miteinander bekannt seien.
Bystron antwortete nicht auf konkrete Fragen der dpa zu seinem Interview auf dem Portal. Er schrieb jedoch in einer E-Mail: "Der Angriff auf 'Voice of Europe' ist ein Angriff auf die Pressefreiheit, den ich verurteile. Eine regierungskritische Stimme soll zum Schweigen gebracht werden. Im aufziehenden EU-Wahlkampf sollen Politiker, die gegen die Fortsetzung des Ukraine-Krieges sind, sowie Journalisten als Agenten Moskaus diffamiert werden." Am Freitag teilte Bystron weiter mit, die von "Denik N" gegen ihn erhobenen "verleumderischen Vorwürfe" der Vorteilsannahme weise er mit Nachdruck zurück. "Ich werde sowohl gegen den verantwortlichen Verfasser wie auch gegen die Plattform selbst in der Tschechischen Republik rechtlich vorgehen."
Das Bundesinnenministerium erklärte indes: "Dieser Fall ist ein weiteres Beispiel für die umfangreichen und breit gefächerten Einflussaktivitäten Russlands. Russland hat in den vergangenen Jahren ein komplexes Netzwerk aus Einflussakteuren und -instrumenten aufgebaut, auf das es zurückgreifen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Einflussaktivitäten vor allem darauf abzielen, Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und Kompetenz europäischer Institutionen zu untergraben und vorhandene Spaltungspotenziale in der Gesellschaft zu vertiefen." Die deutschen Sicherheitsbehörden würden weiter alles unternehmen, um die Einflussoperationen aufzuklären und zu unterbinden.