Prof. Höher wehrt sich gegen seine Freistellung Klinikum: Chefarzt scheitert vor Gericht

Von Frank Schmälzle
Prof. Martin Höher wehrte sich mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen seine Freistellung. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Dass er damit nicht durchkommen würde, war Andreas Redel von vorn herein klar. Vor dem Arbeitsgericht wollte der Erlanger Rechtsanwalt mit einer einstweiligen Verfügung durchsetzen, dass sein Mandant, der umstrittene Klinikum-Chefarzt Prof. Martin Höher, bis zur entscheidenden Aufsichtsratssitzung am 8. Juli wieder arbeiten darf. Damit fiel Redel durch. Ein anderes Ziel hat er trotzdem erreicht.

 
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Seit dem 16. Juni ist Höher freigestellt. So hatten es die Mitglieder des Aufsichtsrats und der Zweckverbandsversammlung der Klinikum Bayreuth GmbH entschieden. Höher sollte Zeit haben für eine Stellungnahme. Eine Stellungnahme, die er am 8. Juli abgeben soll. Wenn es in einer Nachtsitzung des Aufsichtsrates darum gehen wird, ob Höher Chefarzt bleiben darf.

Dem Herzspezialisten wird vorgeworfen, Schlüssellochoperationen an Patienten vorgenommen zu haben, bei denen das medizinisch nicht angezeigt gewesen sei. Dabei seien Patienten gestorben. So jedenfalls steht es – neben anderen Vorwürfen – in einem Gutachten, das drei renommierte Herzspezialisten verfasst haben. Sie wurden berufen, nachdem die Mehrheit einer ersten Expertenkommission einen für Höher entlastenden Bericht nicht mittragen wollte.

Der Chefarzt erscheint nicht

Zu dem Termin vor dem Arbeitsgericht erscheint Höher nicht. Rechtsanwalt Redel legt ein ärztliches Attest vor: Höher ist demnach nicht in der Lage, sich erneut einem öffentlichen Verfahren zu stellen. Er sei in der Öffentlichkeit ja bereits vorverurteilt, sagt Redel. Und vom Klinikum werde er schikaniert. Der Kardiologe soll zu den Vorwürfen gegen ihn im Aufsichtsrat am 8. Juli Stellung nehmen. Doch die Patientenakten, die er dazu braucht, würden ihm nur „scheibchenweise“ zur Verfügung gestellt. Die Münchner Gutachter hatten in ihrem Bericht die Patientennamen durch Nummern ersetzt. Die Decodierungsliste, um Nummern und Namen zueinander zu bringen, habe Höher erst spät bekommen, sagt Redel. Und: Die Klinikleitung habe ihn aus seinem Chefarztzimmer hinauskomplementiert, ihm ein kleines Zimmer mit schlechter EDV-Ausstattung zur Verfügung gestellt.

Dann schimpft Redel auf die Klinikverantwortlichen und die Medien. Dort seien Geheimnisse aus dem Bericht der Münchner Gutachter ausgeplaudert worden. Für den Rechtsanwalt ist das ein schwerer Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten.

Die Patientenakten umfassen 10.000 Seiten

Arbeitsrichter Thorsten Knapp geht darauf nur am Rande ein. Eine schwerwiegende Einschränkung der Persönlichkeitsrechte Höhers sieht er nicht. Für ihn stellen sich andere Fragen: Welcher nicht wieder gut zu machende Schaden entsteht, wenn Höher weitere sechs Tage bis zur entscheidenden Sitzung freigestellt bleibt? Dass er Zeit für seine Stellungnahme braucht, leuchtet dem Richter ein. 10.000 Seiten sollen die Patientenakten dick sein. „Das arbeitet man nicht nach Feierabend ab.“ Das Gutachten der drei Münchner Mediziner sei „keine Anschuldigung aus irgendeiner dunklen Ecke“, sagt Richter Knarr. „Wir sehen den Zweck der Freistellung, die Herrn Höher die Möglichkeit zur Aufklärung geben soll. Das ist auch die Pflicht eines Arbeitnehmers.“ Und dann sagt der Richter doch noch etwas zur öffentlichen Diskussion: Damit, dass er schon einmal eine einstweilige Verfügung vor dem Arbeitsgericht erwirken wollte, habe Höher selbst für Öffentlichkeit gesorgt. Höher hatte verhindern wollen, dass das Gutachten der drei Münchner Mediziner dem, Aufsichtsrat und der Zweckverbandsversammlung vorgelegt werden, ohne dass er dazu Stellung nehmen kann. Richter Knarr sagt: „Über die Notwendigkeit dieses Verfahrens kann man trefflich streiten.“

Zu krank fürs Gericht, aber gesund genug zum Arbeiten?

Akten scheibchenweise? Einen Chefarzt schikaniert? Stimmt nicht, sagt der Rechtsanwalt des Klinikums Wieland Henker. Unmittelbar nach der Sitzung des Aufsichtsrates und der Zweckverbandsversammlung am 16. Juni und der Freistellung des Chefarztes sei das weitere Verfahren mit Höher besprochen worden. Drei Tage danach seien ihm Kopien von 21 Patientenakten zur Verfügung gestellt worden, in den Tagen danach weitere 80. Und: „Herr Höher ging nach der Sitzung sofort auf Kollegen zu und diskutierte mit ihnen Fälle“, sagt Henker. Er muss also gewusst haben, um welche Patienten es geht. Dass Höher aus gesundheitlichen Gründen vor Gericht nicht erscheinen kann, aber ab sofort wieder arbeiten möchte – auch das passt für Henker nicht zusammen.

Am Ende entscheidet das Arbeitsgericht: Höhers Antrag auf einstweilige Verfügung ist unbegründet und unnötig, wird deshalb abgewiesen. Der Rechtsanwalt des Chefarztes nimmt es gelassen. Er hat öffentlich gesagt, was Höher zu sagen hat. „Ich weiß schon, was ich tue“, sagt Redel. Ziel erreicht.

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