Urteil im "Bunkermann"-Prozess Gericht verhängt viereinhalb Jahre Haft

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Foto: Ute Eschenbacher Foto: red

Viereinhalb Jahre Haft. In allen Punkten schuldig. Der Haftbefehl bleibt bestehen. So lautete am Donnerstag das Urteil des Gerichts unter Vorsitz von Richter Michael Eckstein im Untreue-Prozess am Landgericht Bayreuth. Das Schöffengericht setzte ein Straßmaß von viereineinhalb Jahren. Die Staatsanwaltschaft geht unterdessen neuen Hinweisen nach.

 
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Der 36-jährige Buchhalter nahm das Urteil mit gesenktem Blick und ausdrucksloser Miene entgegen. Wie an alle anderen Prozesstagen trug er dieselbe schwarze Hose und dasselbe blaugraue Hemd. Die Haare waren zu einem Zopf gebunden, das Gesicht von einem Vollbart halb verdeckt.

Weitere Ermittlungen im Gange

Der "Bunkermann" wirkte gefasst, als Richter Eckstein die Gründe für die Gefängnisstrafe von vier Jahren und sechs Monaten darlegte. Der Staatsanwalt hatte fünfeinhalb Jahre gefordert. Dem Himmelkroner wurde von einem Gutachter psychische Gesundheit bescheinigt. Warum er Waffen und Drogen hortete und sich einen Bunker einrichtete, bleibt offen. Die Staatsanwaltschaft überprüft jedenfalls noch weitere Hinweise. Das bestätigte Leitender Oberstaatsanwalt Herbert Potzel auf Anfrage dieser Zeitung.

Als Erklärung für sein Verhalten führte er selbst seine chronische Schmerzerkrankung an. "Das hat mir alles abverlangt." Er habe Angst, in Haft nicht adäquat behandelt zu werden. Im Vergleich zum Prozessauftakt wirkte der Mann am Tag der Urteilsverkündung relativ eingeschüchtert. "Ich allein trage die Verantwortung und habe die Konsequenzen zu tragen", hatte er am Vortag gesagt. Er habe gelernt, dass es im Leben nicht nur um Geld gehe. Er hoffe, dass seine Beziehung die Haftzeit überdauert.

Zwei Handgranaten im Rucksack

Die Frau, die jeden Prozesstag anwesend war, will sich aber anscheinend trennen. Das wurde am Rande der Verhandlung deutlich. In der Zuschauerreihe sitzend, war sie in Tränen ausgebrochen. Wer sich nun um die gemeinsame Tochter kümmert, wird das Jugendamt zu entscheiden haben. Das Kind und die Freundin hinderten den 36-Jährigen jedoch nicht daran, in seinem Wohnhaus Waffen und Sprengstoff aufzubewahren. Bei seiner Verhaftung hatte er zwei Handgranaten in einem Rucksack bei sich. Die Polizei durchsuchte sein Haus ursprünglich, weil er Firmenunterlagen seines früheren Arbeitgebers nicht herausgeben wollte.

Professionell gebauter Bunker

Doch die Polizisten stießen im Keller auf einen professionell gebauten Bunker mit 1,30 Meter dicken Wänden. Daran befanden sich weitere fünf Handgranaten, neun Rohrbomben aus Metall, eine aus Kunststoff und 21 CO2-Treibgaskartuschen-Rohrbomben auf, teils mit Zündungsleitung. Die Sprengkörper waren mit Treibladungspulver auf Nitrocellulosebasis gefüllt. Wäre es TNT gewesen, so Richter Eckstein, hätte es sich um Kriegswaffen gehandelt. 9,5 Kilogramm Treibladungspulver und ein Kilo Schwarzpulver lagerte der 36-Jährige auf Vorrat.

"Das kann man glauben, muss man aber nicht"

Dass der ehemalige Bundeswehrpionier dies alles in Österreich gekauft habe und annahm, dort sei es legal, kommentierte Eckstein mit den Worten: "Das kann man glauben, muss man aber nicht." Nicht besonders glaubwürdig war auch die Aussage, das alles nach Himmelkron gebracht zu  haben, um es dort zu entsorgen. Denn auch als ein Arrestverfahren gegen ihn lief, gab der 36-Jährige eine falsche eidesstaatliche Versicherung ab. Er wisse nichts von einem Konto bei der Kreditbank. Und er habe keine unbefugten Geldabhebungen gemacht. Was sich als "unverschämte Lüge" herausstellte, so der Richter.

Erfundenes Lügengebilde

Um die Geldabflüsse zu erklären, erfand der Mann ein noch dreisteres Lügengebilde. Womit der selbstständige Buchhalter seinen früheren Arbeitgeber schwer in Misskredit brachte. "Warum sollte der mit seinem eigenen Geld irgendwelche steuerlichen Tricksereien machen?", entlarvte Eckstein die Argumentation als falsch. Der Mann habe versucht, sich selbst einen finanziellen Vorteil auf Kosten des Unternehmens zu verschaffen. Die Gründe für den "erheblichen Eigenbedarf" bleiben im Dunkeln, so Eckstein.

Tarnsystem mit Sammelüberweisungen

Der Buchhalter hatte sich ein scheinbar perfektes Tarnsystem ausgedacht: Er verwendete Sammelüberweisungen, wobei es sich um angebliche Rechnungen eines Firmenlieferanten handelte. Außerdem wickelte er den Transfer über ein Onlinekonto ab. Über ein Kreditkartenkonto ließ er sich Geld bar auszahlen, dass er dann auf sein Privatkonto einzahlte. In 23 Fällen konnte ihm das Gericht die Veruntreuung nachweisen. Alles in allem schädigte er damit seine Auftraggeber um rund 192.000 Euro. "Das ist ein sehr, sehr hoher Betrag für eine so kleine Firma", stellte der Vorsitzende Richter fest. Erst "die akribische Arbeit" des Beisitzenden Richters Yves Döll habe den Mann gezwungen, von seiner Lügengeschichte Abstand zu nehmen und ein Geständnis abzulegen.

Im Bunker hatte die Polizei auch knapp ein Kilo Marihuana aufgefunden. Der 36-Jährige will es zur Schmerztherapie verwendet haben. Diese Angabe klinge als einzige schlüssig, so Eckstein. Jedoch habe es sich um eine beträchtliche Menge gehandelt, deren Verbrauch sehr lange gedauert hätte.

Urteil akzeptiert

Gegen das Urteil werden weder der Buchhalter noch sein Verteidiger rechtlich vorgehen.

Der geschädigte Unternehmer, der nach seiner Zeugenaussage den Prozess mitverfolgte, hält das Urteil für zu milde, wie er dem Kurier sagte. "Das ist doch alles nur inszeniert." Die Entschuldigung des Mannes könne er nicht annehmen. "Wie will er das wieder gut machen?" Noch immer sei der Computer des Buchhalters noch nicht vollständig ausgewertet. Dann erst wisse man, was noch gelaufen sei.

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