Ob jemand in der „Palli“ bleibt oder wieder heim kommt, sei eine individuelle Entscheidung. Die Ärzte müssen es befürworten - und die Angehörigen müssen es wollen. „Manche haben Angst davor, zu versagen und zuzugeben, dass sie es nicht schaffen“, weiß die Ärztin. „Aber wenn sie es schaffen, dann kommen wir gerne und unterstützen sie.“
Tun, was möglich ist
Der 56-Jährige krebskranke Mann aus dem Landkreis wird von seiner Frau gepflegt. „Eine ganz Starke“, sagt Dietze über sie. Denn sie leidet selbst an einer Krebserkrankung, die überstanden schien und nun wiederkehrte. Dietze trägt ihren schwarzen Arztkoffer in die Wohnung. Sie tätschelt dem Patienten die Hand, erkundigt sich, ob er Schmerzen hat und genug Tabletten vorrätig sind. „Die Medikamente kann er kaum schlucken“, erzählt die Ehefrau, und auch sonst behalte ihr Mann wenig im Magen. Dietze schlägt vor, ihm eine Infusion zu legen, wofür sie aber wiederkomme müsse. Für die wunden Füße, eingepackt und in Schuhe mit Klettverschluss, verschreibt sie eine Salbe. Für den Rücken und den Steiß ein Anti-Dekubitus-Kissen. Der Mann lächelt und sagt mit leiser Stimme: „Sie sind so unheimlich hilfsbereit, alles was ich anspreche, versuchen Sie für mich zu erledigen. Was möglich ist, dass machen Sie möglich.“
In einer Mappe, die beim Patienten liegt, wird alles dokumentiert, was gemacht wurde. Die Helfer des mobilen Einsatzteams sind rund um die Uhr da für die Familien. "Uns geht es darum, dass die Leute gut versorgt sind", sagt Jutta Holighaus, die den Hausbesuch begleitet, "und dass wir adäquat auf ihre Bedürfnisse reagieren." Sie und die Ärztin schätzen es, sich zu viel Zeit nehmen zu können, wie nötig. Obwohl es viel zu organisieren gibt und es belastend sein kann, wenn einer der Patienten stirbt, schätzen sie ihre Tätigkeit. "Es braucht Einfühlungsvermögen und niemand kann mit jedem, aber trotzdem ist eine sehr befriedigende Arbeit", sagt Dietze und gibt zu: "Wir sind auch Idealisten und gehen an unsere Grenzen."
Sie kniet sich hin, sagt dem krebskranken Mann, welche Rezepte sie ihm ausgestellt hat. Dann legt sie ihm den Ausdruck eines Smartphonefotos auf die Knie. "Schauen Sie mal, mein Sohn, der ist ganz verrückt nach Rocco." Die Blausternamazone sitzt auf der Schulter des Jungen. Die Ärztin hat den Vogel, den die Kinder des Patienten nicht wollten, vor zwei Tagen adoptiert.