Deutsche Bahn und EVG schnüren Tarifvertrag

In ihrem seit fast einem Jahr andauernden Tarifkonflikt kann die Deutsche Bahn ein erstes Kapitel zuschlagen: Mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einigte sich der Konzern am Mittwoch auf einen Tarifabschluss, der unter anderem ein Gehaltsplus von 5,1 Prozent und einen eigenen Tarifvertrag für die EVG-Lokführer vorsieht.

 
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Mit der kleineren Lokführergewerkschaft GDL ging die Deutsche Bahn derweil in die Schlichtung.

Nach der nächtlichen Marathonsitzung in der vergangenen Woche brauchten Bahn und EVG nur noch wenige Stunden, um das Tarifpaket zu schnüren: Demnach steigen die Löhne der rund 100.000 EVG-Mitglieder quer durch die betroffenen Sparten zum 1. Juli um 3,5 Prozent, mindestens aber um 80 Euro. Zum 1. Mai 2016 kommt eine Erhöhung um weitere 1,6 Prozent oder mindestens 40 Euro hinzu. Darüber hinaus erhält jeder Mitarbeiter für die Zeit der Verhandlungen eine Einmalzahlung von 1100 Euro - also 100 Euro pro Monat.

"Wir sind mit dem Gesamtergebnis zufrieden", sagte die EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba. Neben dem Gehaltsplus, das vor allem untere Lohngruppen stärke, sei es gelungen, ein gleiches Ende aller Tarifverträge zum 30. September 2016 durchzusetzen. Laut Bahn wird zudem die bisherige Struktur der Arbeitszeitkonten überarbeitet, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu stärken. Die Arbeitszeit solle flexibler und individueller gestaltet werden können.

Darüber hinaus gilt für die in der EVG organisierten Lokführer künftig wieder ein Tarifvertrag ihrer Gewerkschaft und nicht der konkurrierenden GDL. Die Deutsche Bahn erklärte, für diese Berufsgruppe seien die bisher geltenden Regeln "widerspruchsfrei" in das Tarifwerk der EVG übersetzt worden. "Es geht, wenn man will", sagte Personalvorstand Ulrich Weber. Auch ohne Streiks habe ein "gutes Ergebnis" erreicht werden können. Das Gehaltsplus bezeichnete Weber als "Kompromiss an der Grenze dessen, was möglich ist".

Der Tarifabschluss ist ein Fingerzeig in Richtung GDL. Die Deutsche Bahn gesteht ihr zwar einen eigenen Tarifvertrag für alle ihre Mitglieder zu, will aber sich widersprechende Regelungen innerhalb einer Berufsgruppe verhindern. Hält die Deutsche Bahn an dieser Maßgabe fest, hat die Einigung mit der EVG erste Fakten geschaffen. Gesteht der Konzern der Lokführergewerkschaft letztlich aber auch abweichende Regelungen zu, könnte damit die EVG das Nachsehen haben. Im Falle kollidierender Abschlüsse will die EVG deshalb von einem Sonderkündigungsrecht ihres Tarifvertrags Gebrauch machen.

Mit der GDL befindet sich die Deutsche Bahn seit Mittwochmittag in einer Schlichtung, bei dem der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) mit am Verhandlungstisch sitzen. Ziel sei es, eine "tragfähige Lösung" für die "rechtmäßigen materiellen Forderungen" des Zugpersonals der GDL zu finden, erklärte Gewerkschaftschef Claus Weselsky. Durch die "unnötige Blockade" der Bahn habe bisher nicht über Verbesserungen bei Arbeitszeit und Schichtrhythmen für das Zugpersonal verhandelt werden können.

Die Schlichtung ist zunächst auf drei Wochen angesetzt, mit der Option auf eine Woche Verlängerung. Während der Zeit darf die GDL nicht zu Streiks aufrufen. In den vergangenen Monaten waren ihre Mitglieder neun Mal in einen Ausstand getreten.

afp

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