Nagetiere sind für Landwirte zum Problem geworden Biberbraten in dunkler Soße

Von Amelie Wollny
Biber, Kirchenpingarten am 20.03.2013. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Er ist wieder heimisch in Franken: der Biber. Während sich Tierliebhaber freuen, haben Landwirte ein Problem mit ihm. Sie sind die einzigen natürlichen Feinde der Nagetiere. Das führte dazu, dass das eigentlich geschützte Tier in Kirchenpingarten zum Abschuss freigegeben wurde.

 
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„Sie war noch jung", sagt Stefan Langsteiner. „Jung und dumm". Ihre Unerfahrenheit war wohl ihr Todesurteil: Die junge Biberdame landete auf dem Teller. Dazu gab es dunkle Soße, sagt der Jäger Langsteiner. Bei Vollmond, in der Abenddämmerung, erlegte er das acht Kilo leichte Tier mit seinem Gewehr bei Lienlas. „Sehr lecker" sei der Braten gewesen, sagt Langsteiner.

Der Landwirt ist des Bibers Feind

Um zu erfahren, wie der Biber in der Röhre von Langsteiner landete, muss man sich Michael Meixner ung Josef Scherm wenden. Inmitten von Dutzenden von abgenagten Baumstämmen und Sägespänen stehen die beiden Biberbeauftragten auf einer Böschung an einem Weiher bei Kirchenpingarten. Die beiden kontrollieren ihre Biberfalle: Kein Biber drinnen. Noch nie war da einer drinnen. Dabei haben die ehrenamtlichen Biberbeauftragten die Aufgabe, die Tiere einzufangen und fortzuschaffen. Es gibt mittlerweile einfach zu viele. Aber, da sind sich Biberbeauftragte und Landwirte einig, der Biber ist richtig schlau. Inmitten all der Gewässer, Flüsse und Bäche fühlen sich die Nager pudelwohl. Sie haben ja auch nur einen natürlichen Feind: die Landwirte.

Und die sind gar nicht gut auf den Biber zu sprechen. Vor allem die, die ihre Grundstücke in Gewässernähe haben. „Ich bin kein Freund der Biber", sagt der Landwirt Josef Bauer. „Überhaupt nicht. Ich hasse die Dinger mittlerweile." Seit 1999 habe er mit den Nagern zu kämpfen, im vergangenen Jahr wurde einer seiner Äcker überschwemmt. „Das muss ich natürlich alles selber wieder richten, das ist eine teure und langwierige Angelegenheit", sagt Bauer. Regelmäßig beklagen sich Landwirte bei den Biberbeauftragten: Die Tiere reißen Maisstauden heraus, überschwemmen mit ihren Dämmen die Felder, bauen unterirdische Höhlen, die ganze Wege zum Einstürzen bringen. „Wir können die hier nicht brauchen", sagt Bauer. Er ist nicht alleine: Gut 15 Bauern, schätzen die Biberbeauftragten, haben bei Kirchenpingarten ein Biberproblem.

Biber dulden keine Konkurrenz

Die Biberbeauftragten geben die Beschwerden an Ralf-Dieter Freude vom Landratsamt Bayreuth weiter. Der erklärt die Ursachen des Biberproblems: Biber dulden in ihrem Revier keine Konkurrenz. Nach zwei Jahren müssen die Jungen sich ihr eigenes Territorium suchen und dafür immer weiter ziehen. „Die Bäche werden immer kleiner und damit endet dann auch erst einmal der Lebensraum der Biber", sagt Freude. Doch da, wo der Lebensraum der Biber endet, beginnt der des Menschen. An diesen Schnittstellen, wo Mensch und Biber so eng zusammenleben, komme es zu Konflikten. Letztlich sei es aber ein relatives Problem, sagt Freude. Vielleicht 100 Biber leben in der ganzen Region Bayreuth. 15 Biberschäden wurden im vergangenen Jahr ans Landratsamt gemeldet, der Schaden belief sich auf 10 000 Euro.

Um dem Konflikt entgegenzuwirken, sollen die Biberbeauftragten die Tiere fangen. Aber die Kirchenpingartener Biber waren in diesem Winter „fallenscheu", wie Freude sagt. „Ich weiß auch nicht, was da los war." Er musste den eigentlich geschützten Biber daraufhin auf die Abschussliste setzen. Von Dezember bis März durfte in zwei Jägerrevieren auf das Tier geschossen werden.

Ein eigentlich geschütztes Tier zum Abschuss freigegeben und letztlich auf dem Teller – normalerweise wäre der Aufschrei der Tierschützer riesig. „Naja", sagt Peter Ille vom Bund Naturschutz in Bayreuth. „Die Ansiedelung der Biber in Bayern war ein großer Erfolg – ein zu großer." Die Konflikte seien nicht wegzureden. „Deshalb müssen wir Kompromisse eingehen."

Letztlich war die junge Biberdame das einzige Tier, das erlegt werden konnte. Meixner und Scherm stehen vor der leeren Biberfalle. „Die Bauern sagen zu uns immer: Fangt die Dinger weg", sagt Scherm. Er und Meixner zeigen auf das riesige Gebiet um sie herum, zucken mit den Achseln. „Aber wo fängt man da bitte an?" Täglich kontrollieren sie ihre beiden Fallen. Aber der Biber sei einfach ziemlich schlau, sagt Meixner. Die zwei grinsen. „Und er ist schon ein schönes Tier", sagt Scherm. „Eigentlich sind wir eher Pro-Biber", verrät Meixner. „Was die bauen können, was die schleppen können. Da hat man schon Respekt." Ihre Jagd geht trotzdem weiter.

Foto: Wittek

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