Auch das Außenministerium in Moskau führte neben der angeblich von den USA forcierten weltweiten Stationierung von Mittelstreckenraketen Äußerungen von Großbritanniens Außenminister David Cameron und Macron als Grund für die Übung an. Der Sinn des Manövers bestehe darin, "die Hitzköpfe in den westlichen Hauptstädten abzukühlen" und ihnen die Risiken einer direkten militärischen Konfrontation vor Augen zu führen, heißt es in der Erklärung.
Tatsächlich aber hatte Macron zuletzt in einem Interview nur gesagt: "Wenn die Russen die Frontlinien durchbrechen sollten, wenn es eine ukrainische Bitte gäbe - was heute nicht der Fall ist -, dann sollten wir uns die Frage berechtigterweise stellen." Dies aber von vornherein auszuschließen, bedeute, keine Lehren aus den vergangenen beiden Kriegsjahren zu ziehen.
Macron hatte zuerst Ende Februar einen Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen. Damals erntete er für seine Worte auch innerhalb Europas Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa erteilte einer Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine damals eine Absage.
Berlin sieht keine veränderte Lage
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin sagte, dies sei keine veränderte Lage. Von Änderungen in der Bereitschaft der russischen Atomstreitkräfte sei nichts bekannt. Grünen-Chef Omid Nouripour sprach von einer Provokation. Die Rücksichtslosigkeit im Kreml sei groß. Es gehe darum, "uns einzuschüchtern", sagte Nouripour in Berlin. Dies werde aber nicht gelingen.
Bundeskanzler Olaf Scholz will international weiter für Einigkeit der Mächte gegen einen russischen Einsatz von Atomwaffen im Ukraine-Krieg arbeiten. "Es ist immer wieder wichtig laut zu sagen, dass in diesem Krieg nukleare Waffen nicht eingesetzt werden dürfen", sagte der SPD-Politiker in Riga. Es werde auf eine Friedenskonferenz in der Schweiz hingearbeitet und das müsse eine der klaren Botschaften sein.
Ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell warf Moskau vor, nur an einer weiteren Eskalation der Situation interessiert zu sein. Man fordere Russland auf, das "Säbelrasseln" einzustellen und die Aggression gegen die Ukraine zu beenden.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen richtete ihren Blick auf China, das gute Beziehungen zu Russland hat und sich schon in der Vergangenheit einmal gegen Atomdrohungen ausgesprochen hatte. Nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Paris sagte von der Leyen, Xi habe eine wichtige Rolle dabei gespielt, Russlands nukleare Drohungen zu deeskalieren. "Ich bin zuversichtlich, dass Präsident Xi vor dem Hintergrund der anhaltenden nuklearen Drohungen Russlands dies weiter tun wird."